Samstag, 21. Juli 2007

4. Tag: Einsiedeln – Brunnen

Das Welttheater ist gestern buchstäblich ins Wasser gefallen. Kurz vor Beginn der Aufführung entlud sich ein starkes Gewitter über Einsiedeln, so dass nicht an ein Freilichtspiel zu denken war. Es wurde deshalb ein Ersatzprogramm in der Klosterkirche organisiert, das gemäss den gehörten Kommentaren jeweils besser ist als die Aufführung selbst. Es wurden Auszüge aus dem Welttheater geboten, insbesondere die beiden Glasharfeneinlagen mit ihren sphärischen Klängen waren wunderschön.

Da im Hotel das Frühstück erst ab 8.00 Uhr bereit ist, gehen wir noch vorher Brot kaufen und unsern Wasservorrat vom Brunnen auf dem Klosterplatz auffüllen, denn diesem Wasser wird eine heilende Wirkung zugeschrieben.

Heute herrschen ideale Wandertemperaturen: Es ist kühl, aber trocken. Nach Einsiedeln beginnt die Steigung unmerklich. Wir kommen am Kloster Allen Heiligen in der Au vorbei, von wo uns eine Schwester freundlich zuwinkt. Im idyllischen Trachslauer Weiher schwimmen nur Entendamen und die Trachslauer Kirche ist wahrscheinlich dem heiligen Josef geweiht, aber es sind keine verlässlichen Angaben zu finden.

Nach Alpthal beginnt der steile Aufstieg zur Haggenegg. Nach den letzten Häusern wird die Strasse zur losen Geröllhalde und nur wegen des unzweideutigen Schildes nehmen wir an, dass es wirklich der Jakobsweg ist. Nachdem wir vielleicht einen Drittel der Steigung geschafft haben, wird bei einer Brücke aus der Geröllhalde plötzlich eine Römerstrasse, d.h, eine Steinstrasse mit markanten Randsteinen, wie sie typisch für die Römer waren. Ueber dem Wald folgen wir dieser Strasse weiter bis zur Haggenegg, aber hier ist sie manchmal unter Kies versteckt und mit Gras, Breitwegerich und Klee überwachsen, manchmal mit Betonplatten überdeckt. Obwohl die Wolken tief hängen, ersteigen wir diesen Pass im Schweisse unseres Angesichts. Nur ganz oben, wo der kühle Wind zu stark wird, nehme ich dann doch noch den Pulli aus dem Rucksack, um mich nicht bereits jetzt zu erkälten. Der Haggenegg-Pass ist mit seinen 1414 müM der höchste Punkt des Schweizer Jakobsweges und entsprechend froh bin ich, diesen Aufstieg schon hinter mir zu haben. Diesmal wird diese Anstrengung jedoch nicht mit einem Panoramablick belohnt, da wir uns inmitten der Wolken befinden.

Der ebenfalls steile Abstieg erfolgt zunächst auf Schiefersplittern, der idealen Unterlage zum Barfusslaufen... Später wird daraus eine unbefestigte Forststrasse, die eher einer Riera gleicht und die Spuren des gestrigen Gewitters noch nicht überwunden hat. Sobald wir kurz vor Ried aus dem Wald kommen, tauchen wir ins Sonnenlicht ein und bewundern die traumhafte Aussicht auf den Lauerzer- und den Vierwaldstättersee. In Schwyz machen wir die nötigsten Lebensmitteleinkäufe für morgen und wandern weiter über die Ebene bis Brunnen, wo wir nun bei Familie Bucheli direkt unter dem Kloster Ingenbohl im Stroh einquartiert sind.

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Today was just as strenuous as yesterday, but did not generate quite as much perspiration. On the way from Einsiedeln to Brunnen (24 km), we crossed the 4’700 ft high Haggenegg pass. This is the highest point on our Swiss part of the Camino.

We left Einsiedeln at 8.40 (the hotel only served breakfast at 8 o’clock). The day started off overcast, so that the climb up to the pass was accomplished in more agreeable temperatures. The overcast conditions only had the disadvantage that we were required to use our imagination for the impressive views to be had as we crossed the pass.

The descent from the pass to the town of Schwyz was loooong, with the sun coming through more and more strongly and with beautiful views of the Lauerzersee and of Lake Lucerne. We then had a straight march to Brunnen, arriving at 16.40. Here we found the most basic of accommodation (“sleeping in straw”) for the night.

One word on the weather, which is of course of great significance for us. During the daytime it has always been dry up to now, but has rained more or less heavily each night. Last night it also rained, so that the open air performance in front of the Abbey in Einsiedeln was cancelled. As a compensation, we had a short, very interesting and amusing, abbreviated presentation inside the Abbey; on top of that, we received our entrance money back.

Freitag, 20. Juli 2007

3. Tag: Rapperswil – Einsiedeln

Wir verlassen Rapperswil auf dem 850 m langen Pilgersteg, der 2001 eingeweiht wurde und uns nach Hurden führt. Robin meint allerdings, wir seien somit auf dem Holzweg. Wir geniessen den Rundblick über den Obersee gegen die Alpen und nach Hurden, wo wir die Seite wechseln, über den Zürichsee zur Ufenau. Zwischen Hurden und Pfäffikon sehen wir ein Maisfeld, das sich annährend mit jenem in Winterberg messen kann, mit dem ich alle Maisfelder vergleiche, aber eben nur annähernd... Hans weiss welches.

In Pfäffikon beginnt der steile Aufstieg zum Etzel. Es sind u.a. über 500 Stufen, im unteren Teil von Menschenhand für Riesen konzipiert (einige reichen mir fast bis zum Knie), im oberen eher natürlich von grösseren Steinen und Wurzeln gebildet. Auf halber Höhe zur Luegete schalten wir eine kurze Rast ein und werden wir für unsere Mühe mit einem wunderbaren Ausblick über den Zürichsee hinüber nach Rapperswil reichlich entschädigt. Auf etwa 2/3 der Höhe flacht der Aufstieg etwas ab und führt uns über weichen, vom gestrigen Gewitter noch nassen Waldboden und später über Kies auf die Passhöhe (950 müM), von der uns schon St. Meinrad grüsst.

Es ist mir ein Rätsel, wie Elisabeths Onkel mit über 80 Jahren diesen Aufstieg noch täglich schafft(e), wie sie uns an unserer letzten Rapperswiler Klassenzusammenkunft erzählte.

Von der Etzelpasshöhe geht es hinunter zur Tüüfelsbrugg, wo Paracelsus geboren worden sei (1493) und von dort wieder hinauf auf eine Hochebene, wo wir geradeaus auf die beiden Mythen zugehen und Vrenelis Gärtli links geniessen. Hier kommt ein starker Rückenwind auf, der uns richtiggehend vor sich hin schiebt. Wir finden ein Wegkreuz auf einem Findling und dahinter ein lauschiges Bänkli unter zwei Linden mit Blick auf den Sihlsee. Hier halten wir – vom Findling und vom Kreuz doppelt geschützt - unsere Mittagsrast, bevor wir weiter nach Einsiedeln wandern. Die Wolken werden dunkler und bedrohlicher, aber als wir in Einsiedeln ankommen ist wieder eitel Sonnenschein.

Sofort läuten wir an der Klosterpforte für den Pilgerstempel. Leider nehmen die Mönche keine Pilger auf währenddem das Welttheater auf dem Klosterplatz gespielt wird, aber wir finden im Hotel St. Josef Unterschlupf in einem Zimmer mit Blick auf die Tribünen des Welttheaters und die Klosterkirche. Um 16.30 Uhr hören wir das von den Mönchen gesungene Salve Regina in der Klosterkirche und bei dieser Gelegenheit gebe ich einen Gruss an Pia auf (ich hoffe natürlich, dass er auch ankommt).

Wir konnten noch Karten für die heutige Vorstellung des Welttheaters erhalten und freuen uns auf eine hoffentlich eindrückliche Vorstellung.

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A short, but strenuous day!

We left Rapperswil at 8.00 and were soon crossing the lake of Zurich on the wooden bridge, from which there were many marvellous views up and down the lake and back onto Rapperswil. We also passed behind the “Seedamm Center”, which may be known to any of you who have visited recent Rieter Automotive conferences.

The “easy bit” ended in Pfäffikon SZ. From here began a climb, varying from steep to b.. steep, up to the 3170 ft high Etzel pass. The climb was partly in the blazing sun and partly in agreeably shady woods. It was compensated by many great views over the lake of Zurich. After a number of pauses, we arrived as two blobs of sweat at the top of the pass. This is where St Meinrad spent seven years as a hermit before settling for 25 years in Einsiedeln (see below) where the present monastery was founded 70 years after his death.

We hiked further, passing the birthplace of Paracelcius, over high moorlands to our lunch stop at a wonderful spot overlooking the Sihl lake.

Finally, we descended into Einsiedeln, which was to become our destination for the day. After having walked ‘only’ 18 km, we arrived shortly after 14.00 and had our pilgrims’ passports stamped in the Benedictine Abbey there.

Einsiedeln is the most important place on the Swiss part of the Camino to Santiago, which is one of the reasons that we stopped a little early, although today we both felt that we had enough energy to walk a little further.

As good pilgrims, we listened to the Salve Regina being sung in the Abbey this afternoon.

This summer, there is an open air performance of Calderón de la Barca’s “The great World Theatre” being presented in the area in front of the monastery (and in front of our hotel room) and we will be attending this evening’s performance (weather allowing).

Donnerstag, 19. Juli 2007

2.Tag: Wermatswil – Rapperswil

Wir verlassen das Haus mit Mireille; sie geht zur Arbeit und wir machen uns wieder auf den Weg. Die Temperatur ist angenehm, aber bereits beim leichten Aufstieg nach Ottenhusen wird es heiss. Aber wir geniessen die Aussicht auf den Pfäffikersee, den wir bei Seegräben erreichen. Bis Robenhausen geht’s durchs Moor und wir geniessen den Schatten einiger Bäume, aber nachher wird es heiss.


An der Aa / The Aa

An der Aa folgen wir dem Pfahlbautenweg und dem Industrielehrpfad bis Medikon. Von hier aus gibt es keinen Schatten mehr und nur noch sehr vereinzelte Bäume. Zum Glück treffen wir bei Ober-Ottikon auf zwei Einheimische, die uns den Weg durch einen nahegelegenen Wald erklären, sodass wir unseren Temperaturhaushalt wieder etwas normalisieren können.
In all den Weilern und Dörfern, die wir durchqueren, treffen wir nirgends auf einen Laden, wo wir Früchte kaufen könnten. Deshalb kann ich am Dorfeingang von Herschmettlen der Versuchung nicht widerstehen, eine Brombeere zu pflücken. Aber sie ist ausgesprochen sauer (Gott straft sofort). Am Ortsausgang sehen wir einen Gartenzaun, aus dem lange brombeerähnliche Ranken wachsen, die uns unbekannte hell- bis dunkelrote Beeren tragen. Am Ende des Zauns hängt ein Schild, das unsere Frage beantwortet: es sind Thai-Himbeeren zur Selbstbedienung. Wir geniessen also die köstlichen Beeren und brauchen ganz plötzlich keinen Laden mehr. Ob da Santiago seine Hand im Spiel hatte?


Thai Himbeeren / Raspberries

In der Nähe von Bubikon überziehen Wolken den Himmel und wir fragen uns, ob wir noch trockenen Fusses Rapperswil erreichen werden. Trotzdem halten wir unsere Mittagsrast am Waldrand, wenige Meter von einem originellen Rastplatz, den wir erst nachher entdecken. Inzwischen verziehen sich die Wolken immer mehr und wir freuen uns sehr, in Wolfhausen einen grossen Dorfbrunnen vorzufinden, wo wir uns so richtig erfrischen können. Auch einen Volg hat’s daneben, sodass wir doch noch zu unsern Aepfeln kommen.

Weiter geht’s schattenlos bis Lenggis ob Kempraten, wo wir einen ersten Blick auf Rapperswil, unser heutiges Etappenziel, erhaschen. Aber noch bleibt ein ganzes Stück Weg vor uns.

In Rapperswil angekommen rufe ich die Jugi an: ausgebucht. Also zum Verkehrsbüro am See. Und dann von dort nochmals eine halbe Stunde ins Hotel und das alles bei brütender Hitze..

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Another hot one! After our warm-up lap yesterday, it now starts getting serious. We have now covered the approximately 22 km from Wermatswil to Rapperswil without mishap. Feet and legs are all still working, and no blisters have appeared yet.

We left Wermatswil at 7.45 and walked down to the picturesque village of Seegräben on the Pfäffikersee. It was then a matter of circumnavigating the conurbation of Wetzikon (asphalt roads, up and down a few hills, blazing sunshine and no shade – dream conditions!). Having got that behind us, we moved on to more rural surroundings. We were just yearning for some fruit (food shops can sometimes be few and far between), when our guardian angel took pity on us and led us to a hedge full of Thai Raspberries, offered on a help-yourself basis. These just set us up for the rest of the morning.

After a quiet lunch, we wandered on, taking a more or less direct route to Rapperswil, and arrived in the town at around 14.45. Accommodation was very difficult to find, but the tourist office helped us to find an hotel some distance out from the centre of Rapperswil.



Blick auf Rapperswil / View of Rapperswil

Mittwoch, 18. Juli 2007

1. Tag: Winterberg – Wermatswil

Nun ist es also soweit. Die Rucksäcke sind gepackt, und wir warten nur noch auf die Hunde, die uns auf der ersten Etappe begleiten sollen. Wir helfen Mireille beim Ausladen der beiden und sehen bereits das Abschiedskomitee warten. Wie lange sie wohl schon werweissen, wann wir endlich gehen? Also nur noch die Schuhe anziehen und den Rucksack schultern und schon gehts los. Um 8.30 Uhr werden wir herzlich von unseren Winterberger Nachbarn verabschiedet und Elisabeth gibt mir den süss verpackten Bibelspruch „Erbarmen und Frieden und Liebe mögen euch in reichem Mass von Gott zuteil werden!“ mit. Zum Pilgerbeginn also sehr passend.




Die 800 Stufen (oder waren es nur 700, die mir wie 800 vorkamen?) bis unter die Gleise der Linie Zürich-Winterthur sind die bekannte Strecke. Bereits auf der andern Seite der Bahnlinie beginnt unbekanntes Territorium. Vom nächtlichen Gewitter ist das Gras noch nass und wir versuchen, den tief über den Weg herunterhängenden Zweigen auszuweichen.



Der idyllische Weg der Kempt entlang liegt im Wald, aber der Aufstieg nach Oberillnau ist der brennenden Sonne ausgesetzt. Nach Illnau liegt ein verwunschener Weiher am Weg und unsere Mittagsrast halten wir unter zwei alten weitausladenden Buchen oberhalb von Gutenswil mit einer wunderbaren Aussicht auf Pfannenstiel und das Glatttal.

Für Antto müssen wir von Zeit zu Zeit eine Pause einlegen. Mit seinem dichten schwarzen Fell spürt er die Hitze mehr als Igor und legt sich jeweils an einem schattigen Plätzchen nieder – wahrscheinlich ja nur, um uns auch die Gelegenheit zu einer Verschnaufpause zu geben.

Der Weg führt uns weiter nach Freudwil, abwechselnd im Wald und über Felder und schon taucht unser Etappenziel Wermatswil auf. Um 13.50 Uhr treffen wir bereits bei Mireille ein und freuen uns über den Willkommensgruss an ihrer Türe.

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We are finally ready! On the first leg of our walk takes us to Wermatswil, where our daughter Mireille’s lives; we will be accompanied by her two dogs. Fortunately for us, the weather will be hot, but not too hot, as it has been the last few days.

Mireille arrives with the dogs, the walking boots are laced up, rucksacks shouldered and we are ready for the off at 8.30. A group of our neighbours was waiting for this moment (how long had they waited?) to see us off.

We descend the familiar 700 (or is it 800?) steps down to Kemptthal station, but then it is already into new ground for us. After leaving the railway lines and crossing the main road, we follow the Kempt through pleasantly shady woods before climbing up to Illnau in the blazing sun.
The path then takes us through almost idyllic fields and woods (we did not know that Canton Zurich was so pleasant!) to our lunch stop near Gutenswil, overlooking the Pfannenstiel and the Glatt valley.

For the younger dog, Antto, with his thick black coat, the summer heat is such that he needs to have a pause from time to time (or is it out of consideration for us?).

We pass through the hamlet of Freudwil and finally reach our goal in Wermatswil at 13.50, where we are very happy to see Mireille’s welcoming message on the door.