Samstag, 4. August 2007

18. Tag: Tannay - Neydens

Bei strahlend blauem Himmel machen wir uns auf den Weg, vorbei an efeubewachsenen Mauern und umgebauten Scheunen, die zu schmucken Häusern geworden sind. Im Wald hinter dem Ort Tannay führt uns eine Brücke über einen Bach und wir sind schon in Mies. Im dortigen Schloss ist heute die Gemeindeverwaltung einquartiert.

Wir gehen der Strasse entlang, die eingefasst ist mit Villen, die einen davon grosszügig offen und einladend, die andern von 4 – 5 m hohen undurchdringlichen Hecken und undurchsichtigen Eingangstoren umgeben, so dass sie ihre eigene Aussicht auf den Genfersee beschneiden (ob man sich da nicht wie im goldenen Käfig vorkommt?). Wir gehen über wenig befahrene Landstrassen, auf der einen Seite weidet eine Schafherde, auf der andern ist ein Rübenfeld mit vereinzelten Sonnenblumen drin. Von Versoix an verläuft unser Weg zuerst gegen Süden, dann gegen Osten(!) zum Teil im Wald, zum Teil auf offenem Feld. Eine Hochgeschwindigkeits-eidechse kreuzt unseren Weg, bevor wir entlang den Gleisen der SBB wieder gegen Westen wandern.

Auf der einen Seite wachsen Sonnenblumen, auf der andern Seite stehen bereits vereinzelte Wohnblöcke. Während einer guten Strecke wandern wir einem Kanal entlang, der auf beiden Seiten von einem Strich Wald eingefasst ist und uns so gemütlich nach Versoix bringt. Am Bahnhof verpassen wir dann offensichtlich einen Wegweiser und müssen fragen. Zuerst treffen wir eine Engländerin, nachher zwei Italiener. Erst die vierte Person kann uns weiterhelfen, dafür umso liebenswürdiger.

Wir überqueren also die Versoix und folgen dem Veloweg gegen Genthod.in ländlichem Gebiet. Hier treffen wir auf einen originell geschmückten Hofladen und bedauern, nichts kaufen zu müssen. Weiter geht’s entlang der SBB-Schienen zwischen Maschendrahtzäunen, bis wir an einer Kreuzung bei der Station „Les Tuileries“ (habe ich da etwas falsch verstanden?) nicht mehr weiter wissen. Aber schon kommt ein Jogger und hilft uns auf liebenswürdigste Weise. Er gibt uns in wenigen Worten eine umfassende – und wie sich herausstellt – perfekte Erklärung. Auf meine Bemerkung, St-Jacques habe ihn uns geschickt, meint er lapidar „oui“. Das war ein wahres Geschenk des Himmels, ganz besonders beim Gedanken an die Durchquerung von Lausanne, denn dank ihm finden wir eine Route, die uns zwar nahe an die Route Suisse, die hier Route de Lausanne heisst, heranführt, uns jedoch ausser etwa 30 m vom Verkehr verschont und uns an den See bringt, zur Plage du Reposoir, wo wir einen wunderschönen Rundblick auf den ganzen See geniessen können und denn auch eine Rast einschalten. Von hier aus können wir dem See durch den Park des botanischen Gartens bis ins Zentrum von Genf folgen, immer den Jet d’eau im Blickfeld.




Blick von der Rhone zum See / View up the Rhone towards Lake Geneva

Wir überqueren die Rhone und gelangen in die Altstadt, wo wir das Rathaus und die Kathedrale St-Pierre, deren Bau 1160 in Angriff genommen wurde und eine Mischung aus unterschiedlichen Baustilen umfasst, bewundern. Wir kommen an einem Haus der Place du Bourg-de-Four vorbei, dessen Fassade eine Jakobsmuschel aus dem Jahr 1631 schmückt.

Weiter dem Jakobsweg folgend, gelangen wir zur Pilgerkapelle aus dem 14. Jahrhundert, die ganz unscheinbar inmitten einer Häuserzeile liegt.

Dann geht’s direkt stadtauswärts weiter nach Carouge. Wir überqueren die Arve und erreichen ein kleines Wäldchen, wo wir die Drize auf einer kleinen Fussgängerbrücke überwinden.

Anschliessend geht’s über Land nach Saconnex-d’Arve-Dessus und nach Compesières. Die Silhouette der Kirche St-Sylvestre des Malteserordens ist von weither sichtbar, aber leider nur auf Voranmeldung zu besichtigen. Kurz nach Compesières überqueren wir unbemerkt die grüne Grenze. Der Schlagbaum hindert uns nicht daran.

Auf dieser Strecke brennt die Sonne erbarmungslos und wir sind froh, dass wir zwei Betten in einem Gîte auf dem Zeltplatz von Neydens reserviert haben. Sofort nach dem Beziehen des grossen Zimmers, in dem sich schon ein Pilgerpaar niedergelassen hat, springen wir in das Schwimmbecken, was uns in kürzester Zeit erfrischt.

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Today we hiked from Tannay to Neydens (just over the Swiss / French border), where we have a room in a ‘gîte’ for the night.

We have now reached one of the milestones on our way to Santiago – we have passed Geneva. I, as ‘homo automobiliens’, normally reckon 300 km from our home to Geneva. According to our rough estimation of the walking distance, we covered about 420 km for this stretch, which shows just how meandering the Camino is – maybe we could have saved a lot of effort by walking along the motorway!

The weather today has varied form hot to very hot. Particularly the last part of our day’s walk was covered in blazing sunshine, without much shade.

We left our hotel shortly after 9.00 this morning. The way into Geneva was unexpectedly pleasantly agreeable. It involved, as we expected quite some distances on paved roads, but, apart from a very short stretch of main road, the roads were mostly through residential areas with very little traffic. Much of the way was through surprisingly rural areas, even quite close to Geneva. We even had a kilometre or two along a wooded forest path next to a small brook! The way was quite well signposted and, whenever we had any problems, we were always able to find a helpful native to redirect us. Maybe our guardian angel (or St. James) has been keeping a watchful eye on us (in fact, when we asked one of our helpers whether St. James had sent him, he answered quite dryly “yes”).

We admired at the town-hall of Mies, which is a fine piece of architecture. In Geneva despite many photogenic sights, we limited ourselves to a visit to the cathedral and to photographing some of the especially relevant subjects on the way (including a St. James shell dating from 1631 and a small pilgrims’ chapel in the old town of Geneva).

The way out of Geneva via Carrouge was somewhat arduous. The weather was very warm this afternoon. We managed to find accommodation quite easily, and arrived here at some time before 18.00. A swim in the pool (the gîte is on a well-appointed camp site) however very quickly refreshed us and washed the dust of the road from our pores.

Freitag, 3. August 2007

17. Tag: Gland - Tannay

Der Himmel ist bedeckt bei unserem Aufbruch vom See weg nach Norden und über die Route Suisse hinweg bis zum Bahnhof von Gland. Es scheint, als ob in dieser Region der Jakobsweg immer vom Bahnhof ausgeht.

Wir wandern gemütlich über Felder und Weiden, manchmal über wenig befahrene Strassen, einmal zwischen SBB und einem kleinen Flugplatz und kommen auf mäandernden Wegen (wie ein Mäander wechseln unsere Pfade ständig die Richtung und gehen manchmal auch in die Richtung, aus der wir eben gekommen sind) immer in einer guten Höhe über dem Genfersee, in Prangins an. Wir geniessen die Aussicht, die sich uns von Zeit zu Zeit über den See und auf die französischen Alpen bietet und sind erstaunt, wie nah wir der Jurakette kommen. An den Bachläufen wachsen erstaunlich viele Robinien.



Schloss Prangins / Prangins Castle

Prangins ist ein idyllisches Dorf mit einem wunderschönen Schloss und einem Schlossgarten, wie er schöner nicht sein könnte. Im Schloss aus dem 18. Jahrhundert, in welchem für einige Zeit Voltaire gelebt hat, ist heute die welsche Zweigstelle des Schweizerischen Landesmuseums untergebracht. In Prangins kaufe ich nochmals eine zweite Haut (also meine dritte), da sie meine Füsse effizient gegen scheuernde Kieselsteine schützt. (So einfach ist es: man geht in eine Apotheke, kauft sich eine neue Haut – et voilà!)

Wir merken gar nicht, dass wir Prangins verlassen und bereits in Nyon sind, doch unvermittelt sehen wir den Bahnhof vor uns. Ein kleiner Abstecher in die Stadt mit ihrem mittelalterlichen Stadtkern, der vom Schloss Nyon aus dem 12. Jahrhundert beherrscht wird, ist Pflicht. Doch bald sind wir wieder westwärts unterwegs und verlassen diesmal abrupt die Stadt. Eben noch zwischen Gärten wandelnd, befinden wir uns ganz unvermittelt im Wald auf einem durchweichten Weg (auch hier haben die gestrigen Gewitter ihre Spuren hinterlassen). Wir überqueren ein munteres Bächlein mittels einer hohen Brücke und vermissen in diesem schönen Wald die Aussicht auf den Genfersee nicht, aber noch viel weniger die vielbefahrene Route Suisse.

Anschliessend führt uns der Weg, immer noch in der Höhe, zwischen grossen Sonnenblumen- und Höckerlifeldern durch, und ich bemitleide jetzt schon die Pflücker, aber Robin meint, dazu würden nur ganz spezielle Leute eingestellt, solche, die ein Scharnier im Rücken haben.

Wir durchqueren Crans, ein weiteres malerisches Dörfchen und gelangen nach Céligny, dessen Schloss von unserem Reiseführer wärmstens empfohlen wird. Wir jedoch sind enttäuscht davon, inzwischen sind wir ja andere Schlösser gewohnt. Es ist ein spätbarockes Gebäude aus dem 18. Jahrhundert und grau in grau. Alle ebenfalls grauen Fensterläden sind geschlossen, so dass die ganze Anlage eher trist wirkt. Die Genfer Enklave Céligny ist ebenfalls ein verschlafenes Dörfchen, in dem die Zeit stillgestanden zu sein scheint.

Heute fallen uns wieder – wie schon gestern – die vielen grossen Brunnen auf. Sie sind meistens zwei-, drei- oder gar vierteilig, viel breiter und länger als bei uns üblich. Einige sind sogar von drei mächtigen Mauern umgeben und erlauben den Zugang nur von der Strasse her. Ausserdem sind sie mit einem Dach überdeckt, das jedem Haus Ehre machen würde. Ihre Schönheit hat nur einen Makel: meistens steht darauf „eau non potable“.

Bis Bossey sind es wieder Naturwege und unvermittelt sehen wir das Schloss, das heute das Institut oecuménique beherbergt. Dann geht’s weiter durch Weinberge und grosse Apfelplantagen, in denen eben ein Traktor unterwegs ist, der die Bäume besprüht. Ich frage nicht womit.

Der nächste Weiler ist Founex. Hier scheint ein guter Teil des Diplomatischen Corps zu wohnen, aber wir treffen auch auf einen süssen dreimonatigen Bernhardiner. Er ist schon so gross wie Antto heute ist.

Founex geht unbemerkt in Coppet über und wir beschliessen, unsere Arrangements für die Nacht zu treffen, da – so scheint es mindestens – die Uebernachtungsmöglichkeiten in dieser Gegend dünn gesät sind. Und wirklich: ein paar Hotels haben Betriebsferien, eines ist ausgebucht und die B&B-Familien nehmen das Telefon nicht ab. Also, was nun? Wir beschliessen, in die Dorfmitte von Commugny zu gelangen, um dort vielleicht etwas zu finden. Eine nette Dame macht uns Mut, indem sie uns ein Motel empfiehlt, das nur 15 Minuten entfernt liegt. Doch auch dieses hat Betriebsferien und wird renoviert. Der Maler, der darin arbeitet, empfiehlt uns ein Hotel in Mies, das aber auch ausgebucht ist. Er erwähnt noch eines in Chavannes de Bogis, aber dort kostet ein Zimmer einen so stolzen Preis, dass wir davon absehen. So zählen wir auf Santiago und machen uns wieder auf den Weg. Und siehe da, ganz unerwartet (aber nicht unverhofft), zeigt ein Wegweiser zu einem Hotel. So steigen wir also heute im Hôtel du Lion d’Or (nur schon der Name!) in Tannay ab.

Bei einer kleinen Erkundungstour durch das Dorf stossen wir auch noch auf ein herziges Schlösschen.

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Our stage of today was a little shorter than usual. Out of consideration for our feet, we stopped relatively early, after having covered about 20 km. This evening, we will be spending the night in Tannay, a pleasant little village near the lake, about 20 km outside Geneva.

We left the hotel this morning shortly before 9.00 with overcast skies and had an agreeable walk to Prangins, mostly following the main Geneva – Lausanne railway line. The castle in Prangins is especially beautiful. The castle gardens are a little unusual in that most of the plants are vegetables, only the edges of the beds are occupied by flowers. This looks just as nice as a garden full of flowers!

The way from Prangins to Nyon along asphalted roads was quite short. We made a short detour into the beautiful old town of Nyon, where there is a particulary magnificent castle.

After following the main railway line for a short distance, we passed through the suburbs of Nyon and were very soon walking through a wood on an agreeable, but very muddy path towards the village of Crans. The way from Crans to the next village, Céligny, was again on asphalted roads. Céligny has a castle that was very highly praised in our guidebook, but which is most unimpressive, even ugly. After Céligny, we continued on unmade paths across fields to Bossey, where we had a short break for a bite of fruit and a short rest.

From Bossey, we descended on farm tracks through vineyards and orchards to Founex. At this point, knowing how difficult it can be to find accommodation in the Geneva area, we decided relatively early to try to fix up a room for the night. This proved in fact to be quite difficult, but eventually we landed more or less by chance shortly after 15.00 at this hotel in Tannay – which is even directly on the Camino.

The weather throughout the day has become steadily sunnier and warmer. This alone increases the pleasure of hiking. Unlike yesterday, the way has been quite well signposted and, although we have covered many kilometres on made roads, we have been spared the unpleasantness of walking along busy main roads.

As before, we are still in good spirits and are confident that any minor problems with our feet will be solved. We will see what tomorrow brings!




Schlösschen Tannay / Tannay Castle

Donnerstag, 2. August 2007

16. Tag: Morges – Gland

Während Robin gestern noch schnell zum grossen M ging (nein, nicht für einen Big Mac, sondern für einen schnellen Internetanschluss), habe ich es mir auf dem kleinen Dachbalkon, der zu unserem Dachzimmer gehörte, gemütlich gemacht und mich an der Musik erfreut, die vom nahen Ufer des Genfersees von der 1.-August-Feier gut zu hören war. Da nur eine nicht durchgehende Häuserreihe zwischen See und Hotel war, konnte ich auch den Applaus nach der Rede hören. Anschliessend wurde ein spektakuläres 20minütiges Feuerwerk geboten, und keine V.I.P.-Loge hätte eine bessere Aussicht darauf geboten, als ich sie vom kleinen Balkon aus genoss. Kurz nachdem sich die ersten Zuschauer auf den Heimweg machten, wurde vom Nobelhotel, das wir auf unserem Weg nach Morges am Ufer gesehen hatten, nochmals ein wunderschönes Feuerwerk abgespielt. So habe ich den 1. August unverhofft ganz anders als sonst genossen.

Wir verlassen das Hotel am Morgen bei Regen und folgen dem Seeufer am Schloss Morges vorbei. Diese Burg wurde 1268 von Louis von Savoyen erbaut und war früher der Sitz der Berner Landvögte. Mit ihren vier massigen Ecktürmen und dem geschlossenen Hof ist sie typisch für diese Gegend.

Beim Ortsausgang verengt sich der Weg und wir folgen einem engen Waldweglein immer entlang des Genfersees. Ein Gewitter bricht los und wir werden in kürzester Zeit tropfnass, und da es auch noch zu hageln beginnt, suchen wir Schutz unter einem Baum.

Unerwartet führt uns der Jakobsweg auf die Hauptstrasse (Route Suisse) und dieser entlang ohne Trottoir oder Fussgängermarkierung. Es ist eine belebte Strasse und es regnet immer noch. Unsere Begeisterung für die bequeme Wanderunterlage hält sich deshalb in Grenzen.

In St-Prex können wir jedoch abbiegen und sehen nicht nur ein malerisches Dorf, sondern auch ein ganz speziell geschmücktes Stadttor (tour de l’horloge). Wir bleiben auf einer angenehmen, ebenen Strasse. Wieder bricht ein Gewitter über uns herein und es schüttet so sehr, dass wir in einem nahen Wäldchen abwarten, bis Petrus die Schleusen wenigstens teilweise wieder schliesst.

Bald erreichen wir Buchillon. Hier erzählt uns eine ältere Italienerin (47 Jahre mit einem Waadtländer verheiratet) ihr ganzes Leben und alle Einzelheiten, die sie im 2. Weltkrieg erlebt hat. Wir flüchten aus dem Dorf, folgen wieder der Hauptstrasse gegen Allaman hinauf, wo wir das schöne Schloss aus dem 14. Jahrhundert bewundern, das sich von anderen Burgen der Umgebung unterscheidet, weil es nicht als Wehrburg angelegt wurde, sondern als Herrschaftssitz. Hier holt uns Lea ein und geht gleich weiter, während wir noch das idyllische Dörfchen besuchen, denn der Regen hat inzwischen aufgehört. Aber das Gehen neben der Hauptstrasse ist inzwischen nicht angenehmer geworden, obwohl nun ein Grasstreifen ein weniger gefahrvolles (dafür nasses) Vorwärtskommen erlaubt.

Wir verlassen endlich die Strasse, gewinnen bald an Höhe inmitten der wunderschön gepflegten und üppig grünen Weinberge und erreichen Perroy mit seiner Eglise de Notre Dame, erbaut gegen Ende des XV. Jahrhunderts als Benediktiner-Priorat. Seit 1536 ist die Kirche reformiert. Auf den Stufen der Kirche halten wir Rast.

Von dieser Anhöhe werden wir wieder zum Genfersee hinunter geleitet: nach Rolle. Auch hier steht ein imposantes Schloss mit vier mächtigen Türmen, das in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts von den Savoyern erbaut worden war. Dem Schloss vorgelagert liegt eine Insel im Hafen, auf der ein Obelisk an den Waadtländer Revolutionär Frédéric César de la Harpe erinnert, der massgeblich an der Befreiung des Waadtlandes von der Berner Herrschaft Ende des 18. Jahrhunderts beteiligt war.

Wir essen eben ein paar Früchte am Hafen und schon kommt Lea wieder an uns vorbei. Sie übernachtet in Rolle, währenddem wir noch etwas weiterziehen wollen.

Wieder kreuzen wir die Hauptstrasse und folgen den Wegweisern in die Höhe. Auf verschlungenen Wald- und Wiesenwegen (wir sehen keinerlei Logik in der Wegführung) erreichen wir Bursinel mit seinem Schloss aus dem 12. Jahrhundert. Von hier aus organisieren wir unsere heutige Unterkunft in Gland, das noch rund ¾ Stunden westlich liegt, natürlich wieder am See.

Während der letzten Kilometer müssen wir nochmals am Rande der Route Suisse marschieren, wieder ohne Trottoir. So hatte ich mir eigentlich die Wegstrecke entlang des Genfersees nicht vorgestellt.

Wir sind deshalb froh, dass das Hotel de la Plage am Ortseingang von Gland liegt, und wir deshalb gegen den See abzweigen können.

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On our 16th day we covered about 26 km and, according to our approximate distance calculations, have now almost covered 400 km since leaving home.

Before reporting on our activities today, there is one item to add to yesterday’s account. While I was away uploading the blog (at a McDonalds, there was no suitable high-speed internet connection available at the hotel), Annette had a grandstand view from the balcony of our hotel room of the firework show presented by the town of Morges as part of the 1st August celebrations.

The part of the Camino in this area of Switzerland is not the most agreeable. The signposting is often poor or non-existent. The path is often far from being the idyllic walking path through woods or meadows. Very often, the route runs along the main road from Lausanne to Geneva and frequently there is no pavement. This was especially disagreeable under today’s conditions with the ever-present danger of our being showered by the passing vehicles.

There are several reasons for this situation. Firstly, it is often the case that the route of the Camino is no longer known. Secondly, the roads can well have been built along the historic path. A third reason is that it is sometimes no longer possible to have a public walking path along the shores of the lake, when the lakeside villa owners refuse to allow such a path to cross their property.

After the long spell of hot weather, last night there was a thunderstorm and the thundery weather continued today.

We left the hotel in Morges at about 8.30 this morning in light to moderate rain. The first part of the route took us along the lakeside paths to St. Prex, through a heavy thunderstorm, partly with hail. In St. Prex, we were able to obtain a map from the local tourist office, which was a great help in the subsequent navigation. On the way to the village of Buchillon, we were obliged to shelter from the intensive rain under some trees for about 15 minutes.

After a long and disagreeable stretch of walking along the main road, the rain eased and we reached the small village of Allaman. While we were photographing the castle there, Lea, a fellow pilgrim, whom we had last seen in Corcelles-le-Jorat caught us up and we had a short exchange of information. Otherwise, we have not seen many fellow-pilgrims for several days.

After a further walk along the main road (no pavement, but a wide grass verge), we climbed through many vineyards up to the pretty village of Perroy This whole area (La Côte) is a famous wine-growing region. In Perroy we took a short break on the steps of the church before descending into the town of Rolle. Here we viewed the impressive castle and encountered Lea again. From Rolle, the Camino was marked by a rather roundabout route to the village of Bursinel. At this point Annette organised the room for tonight in a small hotel in Gland.

After walking through the beautiful villages of Bursinel and Dully, and another stretch of main road, we reached our hotel in Gland shortly before 17.00.

Today was a damp and somewhat less agreeable day than the previous ones. We are both however in good spirits and Annette’s feet are still holding up. After 16 days, my feet have suddenly begun to give a little trouble however.

Mittwoch, 1. August 2007

15. Tag: Corcelles-le-Jorat - Morges

Beim Frühstück kommen wir mit Lea aus Oberglatt ins Gespräch, die sich ebenfalls auf dem Jakobsweg befindet. Sie ist in Kreuzlingen gestartet und geht bis Genf, bevor sie für die mündlichen Maturprüfungen nach Hause zurückkehrt. Nachher will sie den Weg wieder aufnehmen und ihm bis Santiago folgen.

Gut gerüstet mit den Weganweisungen der Gastgeber wandern wir bei strahlender Sonne gegen Montpreveyres, von wo wir der Hauptstrasse nach wandern, manchmal mit Trottoir, manchmal ohne. Nach dem Dorf soll uns eine Alternativroute durch Naturschutzgebiet bis nach Lausanne bringen. Da wir sie nicht finden, entscheiden wir uns für den sicheren Weg und sind froh, in den Wald des Jorat zu gelangen. Die Wege sind angenehm, ausser einigen morastigen Stellen, wo wir bis zu den Knöcheln versinken.

Beim Verlassen des Waldes befinden wir uns bereits in Epalinges, einem Vorort von Lausanne. Auf einer Terrasse mit der Kapelle St-Laurent sehen wir zum ersten Mal den Genfersee und die dahinter liegenden Alpen. Von nun an geht’s bergab: Nicht steil, aber stetig. Zuerst an Gärten vorbei, dann auf die vielbefahrene vier- und fünfspurige Route de Berne. Die Strasse scheint nicht enden zu wollen, und Schatten suchen wir auch vergebens.

Trotzdem nähern wir uns der Altstadt und sehen die imposante Kathedrale Notre Dame, die als edelstes Bauwerk der Schweizer Frühgotik gilt. Mit ihrem Bau wurde 1170 begonnen und 1275 wurde sie von Papst Gregor X. geweiht. Innen ist sie aufgrund der schieren Grösse genauso beeindruckend wie von aussen gesehen.



Kathedrale Notre Dame / Notre Dame Cathedral, Lausanne

Wir steigen die 170 Treppenstufen der Escaliers du Marché hinunter und sind schon bald auf einer breiten Ausfallstrasse Richtung Genf. Hier hält plötzlich ein Auto neben uns, und die Fahrerin gibt uns weitere (sehr hilfreiche) Instruktionen für den Weg. Sie hat die Muscheln gesehen und den Jakobsweg letztes Jahr von Lausanne nach Le Puy gemacht.

In der Mittagshitze sind wir weiterhin auf dem Asphalt unterwegs und werden unvermittelt von der andern Strassenseite von einem jungen Mann angesprochen, der – auch er – uns weitere Angaben zum Weg macht (auch sie ausgesprochen hilfreich). Er kommt sogar noch ein Stück mit uns, um sicherzugehen, dass seine Informationen klar sind. Er hat letzten Jahr ebenfalls einen Teil des Jakobsweges absolviert.

So kommen wir denn auch problemlos am See an, dessen Ufer wir von nun an mehr oder weniger nah folgen. Wir sind ausgesprochen froh, den heissen Asphalt für eine Weile hinter uns zu wissen. Von hier aus gelingt es uns auch nach einigen Fehlschlägen, ein Zimmer für die Nacht zu reservieren. An diesem heissen 1. August scheint sich die ganze Welt am Ufer des Genfersees eingefunden zu haben, und zwar bestens ausgerüstet mit Grill, Tischen, Stühlen, etc.

Beim Ortsanfang von St-Sulpice führt uns der Jakobsweg direkt an Janines Haus vorbei. Wir gucken über das Einfahrtstor und auf der hinteren Seite über die Einfassungsmauer, aber sie scheint nicht zu Hause zu sein. In St-Sulpice steht eine wunderschöne fast tausendjährige romanische Klosterkirche.

Weiter geht es über den schmalen Uferweg, den wir mit Velofahrern, Inline-Skatern, Kinderwagen, Joggern und anderen Wandern teilen, bis Morges, wo wir im Hotel Savoie ein Zimmer im 4. Stock, direkt unter dem Dach, beziehen.

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We now have completed our 15th day successfully. Annette’s feet held out well. The weather was warm and sunny, but not too warm, and we covered about 28 km.

We left our ‘Auberge’ in Corcelles-le-Jorat at about 8.15 and rejoined the Camino near the small village of Montpreveyres. After a km or so of following a main road, the way took us through a forest, which must have been part of the old forest of Jorat. In the (good) old days, highway robbers made this old forest a dangerous area for pilgrims. For us, the only danger was of sinking into the marshy path.

After about 1½ hours, we reached the outskirts of Lausanne and began the descent towards the centre through agreeable suburbs. After a certain time, the way took us down a busy road, which was somewhat less agreeable.
Although the centre of Lausanne has a number of very interesting places to visit, we restricted ourselves to visiting the imposing cathedral.



Kathedrale Notre Dame / Notre Dame Cathedral, Lausanne

The way out of Lausanne was also along busy streets until we reached the suburb of Vidy. From here we walked along the shores of lake Geneva, always more or less close to the lake. The lakeside recreation areas and beaches were very well populated, on this warm and sunny 1st August (the Swiss national holiday).

After one or two abortive telephone calls, Annette was able to arrange an hotel room for us in the picturesque town of Morges, one of the first towns out of Lausanne in the direction of Geneva. We arrived here shortly after 17.00, after about 8 hours’ walking.

Dienstag, 31. Juli 2007

14. Tag: Romont – Corcelles-le-Jorat

Mit den Glockenschlägen der Kirche verlassen wir das Hotel, steigen die rund 70 Treppenstufen hinauf zur Collégiale, wo der Jakobsweg weitergeht, und besuchen sie (nochmals). Ihre Viertelstundenschläge sind speziell, denn es werden jeweils vier Glocken pro 15 Minuten angeschlagen, aber nicht in der gleichen Reihenfolge, sodass bis zur vollen Stunde eine kleine Melodie ertönt, bevor die Stunden geschlagen werden.

Da Romont ja auf einem Hügel liegt, ist es klar, dass wir zuerst zum Umgebungsniveau hinuntersteigen. Wir durchqueren quasi die Rückseite des Städtchens und gelangen bald aus den Wohnvierteln in einen Wald, wo eine kleine Gebetsecke aufgebaut ist, das Oratoire de la Vierge des Pauvres (Gebetsstätte der Jungfrau der Armen).

Das Gelände, das heute vor uns liegt, ist eher etwas hügeliger, und wir steigen schon leicht nach Billens hinauf, wo uns ein prächtiger Ausblick auf die Waadtländer Alpen und den Jura erwartet.
Auf dieser Seite von Romont sind die Holzverschläge an den alten Bauernhäusern anders gestaltet. Die Latten sind nicht mehr nur diagonal angebracht, sondern in schönen geometrischen Mustern, die sehr unterschiedlich sind.

Auf dieser Strecke fallen uns auch die zahlreichen Wegkreuze auf, die in allen Formen und Materialien zum innehalten einladen.
Ueber den Weiler Hennens gelangen wir auf einen Hügelzug, der uns eine traumhafte Panoramasicht eröffnet. Wir sehen von den Berner zu den französischen Alpen und hinüber zum Jura. Dabei fällt uns auf, dass im Süden die Grüntöne vorherrschen, währenddem gegen Norden viele Getreidefelder die Aussicht eher gelb färben. Hier werfen wir auch den ersten Blick auf das Schloss Lucens, das auf seinem Felsvorsprung weitherum sichtbar ist.




Schloss Lucens / Lucens Castle

Wir sind so begeistert von der Aussicht, dass wir den kleinen braunen Wegweiser an der Fernsehantenne nicht bemerken. So gehen wir geradeaus, anstatt nach Norden abzudrehen. Erst als zuerst die eine und nachher die andere Strasse in einer Wiese endet, ohne dass ein Trampelpfad weiterführt, bemerken wir unseren Irrtum und kehren zum nahe gelegenen Bauernhaus zurück, von wo aus wir wieder auf den richtigen Weg zurückfinden.

Der Abstieg nach Lucens (immerhin rund 300 Höhenmeter) beginnt ganz sachte, wird aber immer steiler. Im steilen Abschnitt liegt ein Feld mit lauter gelben Schafgarben und Dost, einer Kombination, die mich wundern lässt, wozu sie dienen wird. Oder lässt man das Feld verganden?

Weiter unten scheint sich mein Vergandungsverdacht zu bestätigen, kommen wir doch an einem sauber abgetrennten Feld vorbei, wo die Wegwarten schon richtiggehende Gebüsche geworden sind, viele Disteln hoch hinauswachsen und sich auch junge Bäume bereits gut entwickelt haben.

Wir folgen der Strasse nach Curtilles und möchten gerne die Kirche St-Pierre besichtigen, die aus dem 11. Jahrhundert stammt. Leider ist sie geschlossen. Von hier aus verlieren wir noch etwas Höhe, immer mit Blick auf das Schloss Lucens. Kurz vor Lucens überqueren wir die Broye und folgen ihr bachaufwärts. Zwischen dem Weg und dem Wasser sind ein paar Meter Gras und eine regelmässige Reihe Birken, die uns einen angenehm lichten Schatten schenken. Einerseits ist es heiss, anderseits weht ein starker und kühler Wind. Als auf der andern Seite des Baches die Sandsteinfelsen verschwinden, wechselt auch die Baumreihe das Ufer. So bleiben wir der Sonne ausgesetzt, bis auch wir über eine Brücke wieder in den Genuss von etwas Schatten gelangen. Die hellgrünen Blätter der Tabakpflanzen, die nebenan wachsen, geben eine willkommene Abwechslung zum Grün des Grases. Ein paar Hunde tollen in der Broye umher und scheinen nicht genug vom Wasser zu bekommen.

Immer noch der Broye entlang erreichen wir das mittelalterlich geprägte Moudon, wo wir die frühgotische Pfarrkirche St-Etienne aus dem 13. Jahrhundert besuchen. Ihr Turm steht neben dem Schiff und hat zwei wunderschön verzierte Uhren. Er hat unten auch einen Durchgang (ob es wie beim Fraumünster in Zürich war, dass die Frauen nur zur Kirche durften, wenn ihre Röcke den Durchgang auf der Seite nicht berührten?).




Moudon, Pfarrkirche St-Etienne / Moudon, St. Etienne Church

Wir folgen weiter der Broye, kommen an einem Rehgehege vorbei, durch enge Gässchen, wo die Höchstpegel des 19. Jahrhunderts angegeben sind, und sehen schliesslich die Häuser, die zum Teil in die Sandsteinklippen hinein gebaut sind.

Die Broye führt uns weiter nach Bressonnaz, wo wir über eine alte Steinbrücke aus riesigen Quadern auf das andere Ufer gelangen. Hier verlassen wir die Broye, um auf einem Höhenrücken in die Nähe von Syens zu gelangen. Hier kümmern wir uns um unser Nachtquartier. Aber es sieht gar nicht gut aus. Alle Möglichkeiten sind wegen Ferien geschlossen. So wandern wir immer noch in die Höhe, Vucherens zu. Nun brennt die Sonne, denn der Wind hat nachgelassen.

Eingangs Vucherens frage ich eine Bäuerin nach den Uebernachtungsmöglichkeiten im Dorf, und sie gibt mir Namen und Telefonnummer der Auberge communale in Corcelles-le-Jorat, wo denn auch noch ein Zimmer frei ist.

Da wir schon einmal in Vucherens sind, sehen wir uns auch kurz in der kleinen Kapelle um, bevor wir den Ort gegen Westen verlassen. Hier eröffnet sich uns ganz unerwartet nicht nur die Aussicht zurück nach Moudon, sondern auch auf den ganzen Alpenbogen.

Ungeduldig wie wir sind, zweigen wir zu früh ab, um in den Wald zu kommen, von wo aus wir Ropraz zu erreichen gedenken. Wir folgen einem wunderschön weichen Waldweg, der uns tief ins Tal hinunter führt, immer näher an das Tosen eines Wildbaches. Aber jede Abzweigung, die wir ausprobieren, endet im Dickicht, so dass wir wohl oder übel wieder auf den Hügel zurückkehren, unsere Ungeduld zügeln und dem Wegweiser folgen. Das ist auch gut so. Wir hätten im steilen Wald die Brücke über das tiefe Tobel nie gefunden. So aber kommen wir problemlos auf die Hauptstrasse und von dort nach Ropraz.

Leider ist von Ropraz aus Corcelles-le-Jorat nirgends signalisiert, obwohl es das nächste Dorf ist. So fragen wir uns durch, denn Corcelles ist hinter einer Kuppe versteckt, sodass wir nicht unserer Nase folgen können.

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Our destination for today, Corcelles-le-Jorat, is a small hamlet about one third of the way from Moudon to Lausanne (for those whose Swiss geography is not so good).

Today we did more than we expected. Firstly – the most positive news – Annette’s feet stood up to the day’s march. Secondly, we did a bit more than intended because today was a day for making unintentional diversions. We reckon that we have officially covered about 30 km, in fact we have probably walked more.

The weather today was fine and sunny, but a cold wind kept the temperatures down so that we had almost perfect hiking weather.

After an excellent breakfast, we set off from the Hotel St. Georges in Romont at about 8.15. The first item on the agenda was to visit the collegiate church of Notre Dame de l’Assomption in Romont with its beautiful stained glass windows. We then descended from Romont down to the level of the railway station and started a gentle climb, past a wayside chapel dedicated to Our Lady of the Poor.




Kirche Romont / Romont Church

The climb continued for about four km up to a high ridge from which grand views of Romont and of the castle of Lucens could be enjoyed. There was a telecommunications aerial well positioned on top of this ridge. We were both so entranced by the view that we overlooked the hiking path sign next to the aerial. This finally resulted in our walking an unnecessary one km to our next point of interest, the village of Curtilles. Here we were able to view the church of St. Peter (from the outside only – keys available at the local restaurant, but please observe their day of rest!). On the drop down to Curtilles, we took numerous photographs of the imposing Lucens castle.

Here on the recommendation of our guidebook we diverted slightly from the Camino and descended to the river Broye.

The next part of the journey was along the banks of the Broye up to Moudon. The entry into Moudon was through a less scenic industrial area. The old medieval town of Moudon was however really attractive.

The first part of the next stretch towards Bressonaz continued along the banks of the Broye.

The banks of the Broye are evidently popular paths for dog owners to take their pets for a walk. It was particularly nice to watch some dogs diving after the sticks thrown by their mistresses, swimming and generally enjoying themselves – as dogs can do.

After crossing the small river Carrouge, we commenced a steady climb up to Vucherens. Here we also evidently missed the official walking path, but nevertheless arrived in the village. During the climb, Annette had tried to organise a bed for us for the night, without success. In Vucherons, a farming couple recommended that we try the Auberge Communale in the hamlet of Corcelles-le-Jorat. This time, the phone call had a positive result.

After the inspection of the chapel in Vucherons, we set off on the hiking path in the general direction of our hostel. On the way there, we again managed to take an unnecessary diversion.

After walking much more than we intended, and discovering that the local signposting in Switzerland is less than perfect, we arrived here at this pleasant, nicely appointed village inn at about 17.30, after walking for over nine hours. Annette’s feet were just about to give up at this point, but the treatment purchased in Romont evidently worked well.

Montag, 30. Juli 2007

13. Tag: Hauterive – Romont



Kreuzgang in Hauterive / Cloister in Hauterive Abbey

Der Père Hôtellier beschreibt uns nach dem Frühstück die direkte Route nach Posieux und betont, dass wir nie eben gehen sollen, sondern immer in die Höhe. So verlassen wir Hauterive und steigen aus dem tiefen Einschnitt des Saanetals, wo das Kloster in einer Schlaufe des Flusses liegt, hinauf auf „normales“ Niveau nach Posieux, das unmerklich in Ecuvillens übergeht. Die Kirche Notre Dame de l’Assomption (Maria Himmelfahrt) (erbaut 1911/12) erwartet uns hier.

In der Nacht hat es geregnet und die Berge sind wolkenverhangen. Wir haben heute eine liebliche, leicht gewellte Landschaft vor uns, durch die wir uns auf verschlungenen Feld-, Wald- und Wiesenwegen bewegen. Auch dank der ziemlich kühlen Temperatur kommen wir gut voran. Wir durchqueren kaum Weiler, die Gehöfte sind weit von unserem Weg entfernt.

Nach geraumer Zeit gelangen wir in den Weiler Posat (rund 200 Einwohner), wo eine Käserei Ziegenkäse verkauft. Die Dame ist so begeistert, dass wir den Jakobsweg machen, dass sie uns unbedingt eine Tomme schenken will. Die Abmachung ist, dass wir dafür in Santiago für sie beten (sofern wir ankommen). Am Rand der kleinen Siedlung steht die 1677/68 ganz aus lokalem Tuffstein (= Sandstein?) erbaute Chapelle de Notre Dame de la Visitation (Kapelle Maria Heimsuchung) mit wunderschönen, leider halbverblichenen Fresken. Gleich dahinter führt uns ein schmaler Pfad hinunter zur Glâne, die sich im Laufe der Zeit ebenfalls ein tiefes Bett in den Sandstein gefressen hat. Dank der Lehrlinge der UBS, die hier im Juli 1987 eine hölzerne Hängebrücke gebaut haben, können wir die Glâne bequem überqueren.

Noch während des Aufstiegs durch den Wald kommen wir an einem Brunnen vorbei neben dem eine Holztafel aufgestellt ist mit dem Text: „L’eau n’a pas de visage parce qu’elle ne reflète que le présent.“ So haben wir doch gleich auch noch etwas zum Meditieren. Bald gelangen wir wieder auf Landwirtschaftsland und an die Sonne. Wir erreichen Autigny, besuchen die Kirche, die momentan renoviert wird, und rasten bald darauf am Ufer der Glâne, deren Tal hier noch weniger tief ist. Wir haben einen schönen Blick zurück auf Autigny und auf eine grosse Kuhherde, die uns mit ihrem Glockengeläut erfreut.

Die alten Bauernhäuser dieses Gebietes haben neben dem Tenntor, das gewissermassen über zwei Stockwerke geht, vor dem „ersten Stock“ einen auskragenden Vorbau, dessen Latten diagonal angebracht sind, und wo offensichtlich der Holzvorrat für den Winter gelagert wird.

Nun wird es trotz des recht frischen Windes heiss. Wir sehen die verschiedensten Holzstapel für 1.-August-Feuer: Berge von Paletten, schön aufgeschichtet; Kantholzstapel in der Form von Tipis; achtlos aufeinandergeworfene Aeste...

In Chavannes sur Orsonnens steht die Chapelle St-Jean-Baptiste (Johannes der Täufer) am Weg und, da die Tür sperrangelweit offen steht, „müssen“ wir sie natürlich besichtigen.

Da sich das Pflaster für die wundgescheuerten Stellen an meinen Füssen nicht bewährt hat, versuche ich es heute mit einem Chrüüterfraueli-Mittel und lege Breitwegerichblätter auf. Die meisten Blätter bleiben schön haften und kühlen angenehm, nur an einem Ort rutschen sie immer schon nach kurzer Zeit ab, sodass ich wieder neue pflücken muss. Zum Glück herrscht am Wegrand kein Mangel an diesen Pflanzen.

Je länger wir wandern, desto höher werden die Wellen der Landschaft. Nach La Longeraie erhaschen wir den ersten Blick auf das mittelalterliche Romont, dessen kompakte Altstadt, Schloss und Collégiale von Stadtmauern (1239) umgeben weithin sichtbar einen Hügel krönen.




Romont

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Today was a relatively easy day – for me that is. We covered a good 30 km in ‘only’ 6½ hours and could have covered a few more, but for the fact that Annette’s foot suddenly started to strike. We broke off the day’s walk in the medieval town of Romont.

We left the Abbey in Hauterive at about 8.45 this morning after a simple breakfast. The meals were eaten in silence – which certainly suited those of us that are not very communicative in the morning.

It had rained during the night and the weather was cool and overcast, which meant that the steady climb out of the valley of the Sarine did not bring out too much sweat. We reached the village of Posieux after about 20 minutes where we bought a few provisions for the day.

After a visit to the chapel of the Sacré-Coeur de Jesus in Posieux we crossed under the A12 motorway and passed through the village of. The way then took us round the Ecuvillens airfield through agricultural country to the hamlet of Posat. Here we wanted to buy some cheese from a farm shop, but the kind Mrs. Nicolet insisted on giving the cheese to two such obviously deserving pilgrims. We visited the chapel of Posat and then descended to the river Glâne which we crossed via a nice little suspension bridge (the ‘Pont UBS’ – thanks René).




UBS-Brücke / UBS Bridge

The sun came through at first intermittently and then for longer periods so that the climb out of the Glâne valley up towards Autigny brought out a bit of persperation. We paid a brief visit to the church in Autigny, which was just being renovated.

From Autigny, the way descended into the Glâne valley again (Switzerland has too many climbs and descents!) before climbing relatively gently up to Chavannes sur Orsonnens.

Shortly after Chavannes, Annette’s right foot, which up to now had been holding up very well, started to give trouble. Annette soldiered on to Romont, suffering badly from the shoes rubbing on now open wounds. For this reason, we decided to call it a day at this stage and found a (very nicely appointed) room at the St. Georges hotel.

A visit to the local pharmacy has now equipped Annette with the same treatment material as is used by the Swiss army, so that we are confident that we can continue the march tomorrow with a reasonable probability of her feet giving less trouble.

Sonntag, 29. Juli 2007

12. Tag: Heitenried - Hauterive

Mit einem Blick hinauf auf die grosse Kirche auf dem Hügel verabschieden wir uns von Heitenried, das uns in allerbester Erinnerung bleiben wird. Ueber Wiesen und Weiden wandern wir bei angenehm kühler Temperatur gen St. Antoni. Am Ende des Dorfes steht die Kirche St. Antonius, die 1894 an die Antoniuskapelle aus dem 15. Jahrhundert angebaut wurde.

Direkt hinter der Kirche ist eine Steilwand, durch die wir gar nicht so steil absteigen. Der Hohlweg im Wald ist beidseits von Sandsteinfelsen gesäumt. Auf dem Talgrund finden wir Lamas, Strausse, Kühe und Pferde. Inzwischen scheint die Sonne und wir freuen uns, nach dem Weiler wieder in den Wald zurückkehren zu können. Diesmal auf der andern Talseite und auf schönen Waldpfaden steil in die Höhe.

In Zum Wald begrüsst uns ein Berner Sennenhund etwas gar stürmisch, aber er wird unverzüglich zurückgerufen. Der Wind bläst immer stärker und wir müssen uns zeitweise richtiggehend dagegenstemmen. Auf der Höhe kommt Tafers/Tavel ins Blickfeld. Nach den letzten drei Tagen, an denen unsere Augen sich an die Grün-in-Grün-Töne der Aussicht gewöhnt haben, fallen hier die vielen Getreidefelder auf. Der Wind begleitet uns nun von der Seite hinunter zum Dorf mit seiner schönen Kirche St. Martin, die bereits 1148 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Nebenan befindet sich das aus dem 18. Jahrhundert stammende Beinhaus sowie die Jakobuskapelle auf dem Friedhof, auf deren Aussenwand die „Güggelilegende“ (das Galgenwunder) als Fresko dargestellt ist.

Durch Felder und geschnittene Getreidefelder nähern wir uns Freiburg. Schon von weitem sehen wir die hohen Wohnblöcke am Stadtrand. Bereits etwas näher, kommen wir am Schloss Uebewil (Villa les Joncs) vorbei, wo wir einen alteingesessenen Freiburger der Unterstadt treffen, der uns die ganze Geschichte des Stadtteils Schönberg erzählt. Unbemerkt übertreten wir die Sprachgrenze und erreichen die Stadt durch die Route St-Barthélémy, von der wir auf den Chemin des Kybourg abzweigen (Freiburg ging im Jahre 1218 von den Zähringern an die Grafen von Kyburg über, welche die Stadt aber 1277 aus Geldmangel an die Habsburger verkauften). Von hier aus haben wir eine wunderschöne Aussicht auf den historischen Stadtkern und die Kathedrale, die wir denn auch über die Zähringerbrücke erreichen. Natürlich lassen wir uns einen Besuch in der monumentalen Kathedrale St-Nicolas mit ihren prächtigen Jugendstil-Glasfenstern mit Geschichten aus der Bibel, aber auch mit Märtyrern inkl. ihrer Todesart nicht entgehen. Auf dem Weg vorbei an St-Michel und dem Hôtel de Ville (Rathaus) beschliessen wir, die Stadt einmal ohne Rucksack zu besichtigen. Für mich wäre es sowieso langsam an der Zeit nach über 45 Jahren. Allerdings habe ich auf dem kurzen Weg zum Bahnhof hinauf das Gefühl, dass sich in der Altstadt nicht allzu viel verändert hat.

Zu meiner Ueberraschung führt uns der Weg auf der andern Seite des Busbahnhofs auf die Avenue du Midi (und nicht, wie halb erwartet gegen Bürglen/Bourguillon), und wir marschieren weiter hinaus durch die westlichen Vorstädte bis zum Autobahnanschluss, den wir aber rechts liegen lassen und dafür unter dem Jakobskreuz von 1773 eine Rast einlegen. Hier kommen wir auch wieder in den Wald, in einen angedeuteten Hohlweg und weiter an Gärten und Sandsteinmauern vorbei. In Villars-sur-Glâne besuchen wir Friedhof und Kirche und unterqueren die Gleise der SBB. Wir folgen nun einem munteren kleinen Bach, der sich ein schon fast ausgewachsenes Tobel in den Sandstein gefressen hat. Wir überqueren ihn zweimal auf schmalen Stegen und erreichen so die Glâne und eine schöne alte Steinbrücke, die uns zur Kapelle der heiligen Apollonia führt. Von nun an geht es sachte im Wald bergauf, über Wiesen wieder bergab und wir wundern uns schon einige Zeit, wann wir endlich einen Blick auf die Abbaye d’Hauterive werfen können, da sie nun ganz nah sein muss. Aber zuerst heisst es noch einen Abstieg zu bewältigen, denn Hauterive liegt ganz unten im Tal der Saane und zeigt sich erst im allerletzten Moment.

Wir gehen zuerst den Pilgerstempel holen und nachher zum Frère Hôtellier, der uns ein Zimmer für die Nacht gibt. Jetzt haben wir also tatsächlich Schlüssel zum Zisterzienserkloster... Der Kreuzgang sieht immer noch so traumhaft schön aus, wie ich ihn in Erinnerung habe.

Wir lauschen dem Gesang der Mönche zur Vesper in der Kirche Notre Dame aus dem 12. Jahrhundert. Die farbenfrohen Glasmalereien im Chor stammen aus dem 14. Jahrhundert und das wunderbar geschnitzte Chorgestühl vom Ende des 15. Jahrhunderts.

Es ist auffallend, dass wir seit nunmehr vier Tagen keine „Pilgerkollegen“ mehr auf dem Jakobsweg gesehen haben. Entweder sie haben uns alle bereits überholt oder haben ihre diesjährige Etappe abgeschlossen und sind nach Hause zurückgekehrt.

PS: Wer ist/war Olaf? Gestern haben wir „in the middle of nowhere“ zwischen Riggisberg und Hinterfultigen einen Wegweiser gesehen zum Olaf Åsteson-Haus.

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Today’s walk took us from Heitenried to Hauterive, where we will be spending the night in the monastery in Hauterive, about 6 km SW of Fribourg. We walked at least 25 km, but probably progressed only about 20 km. Both of us are still in good form, although Annette still has to be very careful with her feet.

So far, we have had strong sun practically every day. We are both taking on a face colour that may mean that we will have problems to pass ourselves off as Western Europeans when we enter France. The distribution of the sun tan is uneven however, so that we both must look like brown and white humbugs under the shower (lower legs, arms and face dark, the rest white).

After a substantial breakfast with our generous hostess, Mrs. Bäriswyl, we left Heitenried at about 7.30 with overcast skies. After ¾ hour, we arrived in St. Antoni, where we visited the St. Antonius church, in brilliant sunshine. This beautiful little church was unusual in that modern music was being played.

On the outskirts of St. Antoni we passed two farms with llamas and ostriches before starting a long ascent towards Tafers. A strong wind came up, which ensured that there was no danger of our becoming overheated. In the small town of Tafers we visited the St. Martins church and the neighbouring chapel.

The continuation of the way towards Fribourg took us through rural countryside with many typical Fribourgeois farmhouses. On the descent into the sprawling town of Fribourg we had a long (rather one-sided) conversation with an 80-years old Fribourgeois, who had lived in the town the whole of his life.

At this point, we definitely crossed the German/French demarcation line, put our Grüezi away and polished up our ‘bonjour’.

The only pauses in Fribourg were to visit the St. Nicolas cathedral and to take a short break for an ice-cream and a bit of fruit.

The way out of the town took us through relatively colourless suburbs on asphalt roads to the outskirts where there is an imposing stone cross, which marks the ‘real’ continuation of the Camino.

A walk through pleasantly wooded terrain brought us to St. Apolline, where there is a chapel next to a nice looking stone bridge crossing the Glâne.

After St. Apolline, we climbed up steadily out of the Glâne valley in the direction of Hauterive. Here there is a Cistercian abbey next to the river Sarine, where we arrived at about 15.15. We knew that the monks offer overnight accommodation to passing travellers (and also to anyone seeking a few days of seclusion). We learnt however that they expected us to book at least one day in advance – something that would hardly be possible for us. The kind Brother Gaston took pity on two such poor pilgrims however and let us have a room for the night. Thank you Brother Gaston!

After visiting vespers, we had a simple meal in the abbey and we will now soon be settling down to our first night in a Cistercian monastery.