Wir haben noch Zeit für einen Rundgang im gedeckten Markt, wo wir auch das verspätete Frühstück einnehmen, bevor wir uns – wie wir meinen frühzeitig – auf den Weg zur Kathedrale machen, wo täglich um 12.00 Uhr eine Pilgermesse zelebriert wird. Wir möchten in aller Ruhe nochmals das Pórtico de la Gloria ansehen, da heute das Baugerüst die Aussicht darauf nicht mehr beeinträchtigen sollte. Aber siehe da, um 11.40 Uhr können wir eben noch die beiden letzten Plätze in der vollbesetzten Kathedrale einnehmen.

Pilgermesse / Pilgrims’ Mass
Der Bischof von Arras (Frankreich) zelebriert die Messe mit ein paar ausländischen Priestern, die nach Santiago gepilgert sind, in lateinischer Sprache. Doch vorher werden noch alle Pilger getrennt nach Nationalitäten und Ausgangsort der Reise zu Fuss ausgerufen. Da heisst es denn auch: zwei Schweizer zu Fuss aus Zürich. Der Zeremonienmeister und „Vorsinger“ verfügt über einen Bass, der jedem Opernsänger gut anstehen würde. Zudem hält der das Mikrophon, eigentlich müsste gar niemand mehr mitsingen. Das ist auch gut so, denn wer kennt schon die spanischen Kirchenlieder? Die Fürbitten werden von den ausländischen Priestern in ihrer Muttersprache gesprochen. Eine Andacht kommt nur schwer auf, da viele Leute ziemlich rücksichtslos zirkulieren und sogar über dem Altar Jakobus umarmen.
Schon in der Kathedrale sehe ich die Italienerin, mit der wir einmal in einer Herberge waren und die immer so schön gesungen hat auf dem Weg. Draussen weint sie vor Rührung und kann kaum glauben, dass sie es bis Santiago geschafft hat. Auch die beiden Lettinnen, mit denen wir den Weg nach León geteilt haben, sind gestern angekommen und gehen morgen weiter nach Fisterra.

Kathedrale / Cathedral
Am Nachmittag erkunden wir Santiago weiter. Zuerst vom Park der Alameda aus, der einen wunderbaren Ausblick über die Altstadt bietet. Doch auch die alten verwinkelten Gassen und Gässchen und die vielen mit Arkaden oder verglasten Erkern versehenen Häuser sind allein schon einen Spaziergang wert (und ohne Rucksack natürlich noch viel mehr). Doch wir besichtigen auch noch ein paar andere Kirchen und Kreuzgänge.
Das Kloster San Paio, das sich an meinem Lieblingsplatz bei der Kathedrale, der Praza da Quintana, befindet, hat es uns besonders angetan. Das darin untergebrachte Museum zeigt unter anderem alte Dokumente aus dem 13. Jahrhundert mit wunderbar geschnörkelten Schriften. Auch ein altes Psalmenbuch in Uebergrösse ist ausgestellt.
Die Stadt ist voller Pilger, sogar ohne Rucksack weiss man sofort, ob jemand zu Fuss gekommen ist oder nicht. Ein mindestens angedeutetes Lächeln liegt meistens auf den Lippen beider, die sich kreuzen. Die meisten hat man ja schon irgendwo auf dem Weg einmal gesehen.
Morgen treten wir also unsere Heimreise an, die wahrscheinlich etwas weniger lang dauern wird als die Hinreise. Aber wann wir ganz zuhause ankommen, steht noch in den Sternen...
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A quiet day! And our first day without the burden of our rucksacks.
After making the arrangements for our return travel (we do not have the intention of walking back!), we visited the market (always an interesting place) and then made our way to the cathedral.
The main event of the day was the participation in the pilgrims’ mass, which is held in the cathedral at noon every day. Although we arrived in good time, we were very surprised to find that practically all pews were occupied – in fact, we were lucky to find seats at all. Evidently, there were many present who had made the pilgrimage to Santiago by coach.
The mass was celebrated by the Bishop of Arras, supported by a number of priests from other European countries. At the beginning of the mass, there was a summary given of information on the pilgrims present, including ‘two who had travelled from Zurich by foot’.
Due to the fact that a large part of the congregation were standing, and that groups of tourists were circulating through the cathedral (including a stream of people passing behind the altar), the mass was not conducted in the tranquil manner that I associate with church services. Nevertheless, the participation in this mass was a moving experience.
At the exit from the cathedral, we were able to greet some of the pilgrims with whom we had shared the way to Santiago, and with those with whom we had dined together.
Yesterday, the most famous, and most impressive, feature of the cathedral, the Pórtico de la Gloria was partly hidden behind scaffolding. Today, we were to admire it in its full splendour.
In the afternoon, we continued our exploration of the town and of its monuments. Particularly impressive was the monastery and church of San Paio de Artealtares, with its very interesting museum.

San Martiño Pinarío
The old part of Santiago, where most of the places of interest are located, is itself very picturesque. Many of the streets are arcaded and there are many centuries-old houses, not all of them in best repair. It is also quite agreeable to walk in the town, since it is practically traffic-free.
Our expedition will reach its conclusion tomorrow, so this is our last blog entry.