Hier wandern wir der Sonne entgegen (ja, auch hier geht sie im Osten auf) und einem Teich (genannt Lagune) entlang, bevor wir den ersten Hügel in Angriff nehmen. Hier haben wir eine wunderbare letzte Sicht auf das weisse Lauzerte, das in der Morgensonne geradezu leuchtet auf dem Hügel. Durch schönen Wald erreichen wir Mirabel und den Weiler Charton, wo wir einen auf Stelzen gebauten Pigeonnier bestaunen und bald die kürzlich renovierte Kapelle St-Sernin erreichen, die leider geschlossen ist. Beim Abstieg ins nächste Tal begleiten uns Sonnenblumenfelder und Obstbäume.
Neben der Strasse, auf der wir auf dem Talboden weiterziehen, fliesst auf jeder Seite ein Bächlein. Um das eine wächst Schachtelhalm (Chatzeschwänz), durch Büschel violetter Orchideen aufgelockert (ich hoffe sehr, dass die Schachtelhalme daheim nicht so überhand genommen haben!), während auf der andern Seite Rohrputzer vor dem Maisfeld stehen.
Vor der Auberge de l’Aube Nouvelle macht sich eben ein gutes Duzend Leute auf den Weg; wir haben aber das Glück, den einzigen Laden auf dem Weg in Durfort-Lacapelette vor ihnen zu erreichen, und kaufen dort Früchte für den Tag ein. Dies ist ein ausgesprochenes Strassendorf, ohne Zentrum und sogar ohne Kirche.
Von hier aus wird die Vegetation direkt üppig. Die wellige Landschaft ist wieder grün in grün und alles scheint hier zu wachsen. Sogar in den Hecken sehen wir Quitten- und Feigenbäume. Die Abhänge sind mit Obstplantagen bedeckt und in den Senken stehen Pappeln und Eschen(?) in Reih und Glied.
Nun folgen wir der bequem der Strasse über den Weiler St-Martin, und nachher einem Pfad entlang der wieder der Strasse folgt. Hier sehen wir Paul rasten und gesellen uns zu ihm.
Nun gilt es nur noch den letzten Hügel zu besteigen, dessen Rücken wir dann auf bequemen Strassen entlang wandern, bis wir von Gal de Merle aus nach Moissac hinunterkommen. Der Ortseingang von Moissac ist schon hinter uns, aber das Städtchen selbst ist noch weit entfernt. Das Prägendste hier ist der Verkehrslärm, obwohl wir über weite Strecken nicht auf der Strasse gehen müssen. Doch schliesslich können wir in die Altstadt abzweigen.
Die Abteikirche St-Pierre ist riesig und beeindruckend. Ihr von einem Text der Apokalypse inspiriertes Tympanon (12. Jahrhundert) stellt ein bewegtes aber feierliches himmlisches Gericht dar, mit Christus in der Mitte.

Tympan de l’Abbaye St-Pierre, Moissac
Wir beschliessen, die Abtei und den Kreuzgang ohne Rucksäcke zu besichtigen und suchen zuerst das Hotel.

Cloître de l’Abbaye St-Pierre, Moissac
Der Kreuzgang bei der Abtei ist gross, gut erhalten und wunderschön. Wir kommen aus dem Staunen nicht heraus. Die 76 Arkadenbögen wurden im Jahr 1100 fertiggestellt und gelten als ein Meisterwerk mittelalterlicher Kunst. Die gotische Kirche ist aus roten Ziegeln erbaut (rote Ziegel waren damals ein Zeichen des Wohlstandes). Die Innenwände sind ganzflächig bemalt, sie sehen aus wie tapeziert, aber es ist noch die alte Farbe aus dem 15. Jahrhundert. Im Turm zur Empore ist eine Orgel aus dem 10. Jahrhundert ausgestellt. Neben den zeitgenössischen sieht sie fast ein wenig armselig aus.
Bevor wir zur Brücke über den Tarn hinuntergehen, treffen wir (natürlich) auf Günther, Pierre und Paul, alle auf dem Weg nach Santiago. Wir werden uns also weiter begleiten.

Vlnr: / From left to right: Günther, Pierre, Paul
Hier in Moissac haben wir nun die Hälfte des Weges hinter uns. Obwohl ich manchmal das Gefühl habe, dass unsere kleinen Schritte uns nicht vorwärts bringen, bin ich immer wieder erstaunt, dass wir die Wassertürme, die wir wie Fixpunkte am Horizont sehen, jeweils in relativ kurzer Zeit entweder umrunden oder gar hinter uns lassen. Es besteht also doch Hoffnung, dass wir auch die nächsten 1200 km schaffen.
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We are in Moissac, and have now practically covered half the distance to Santiago. Only about 1’200 km to go!
After an early breakfast, we descended from our eyrie Lauzerte just before 7.30 in very cool conditions. We were soon warmed up by the stiff climb which immediately followed the descent from the village.
The way took us up to a ridge, from which we had, inevitably, the next descent. In the valley, the cars of some pilgrims from Northern France and the accompanying car of a German group were parked. Making a pilgrimage with the support of a motorcar is evidently the modern way to do it.
We were joined by the group of 20 Northern French pilgrims at the ‘Auberge de l’Aube nouvelle’ and were fortunate in arriving at the village of Dufort-Lacapelette before them. Here we purchased fruit for our lunch; after the influx of this group, the shop would have been sold out!
The path took us, over hill and dale as usual, through quite fertile farming country – at least more lush than the Quercy blanc that we had just left.

Le Quercy Blanc
The entrance into Moissac, our day’s destination was on busy roads. We arrived at our hotel at about 15.15. Moissac is a very interesting town with an 11th century abbey and marvellous cloisters. Since we arrived early, a short sightseeing trip is planned.